Deportationsversuch nach Theresienstadt

Glück im Unglück





Otto bei Kriegsende, 1945
Im Februar 1945 drohte Otto zum zweiten Mal eine Deportation. Seine Großmutter Hilka Jacobsohn erhielt die Information vom Dorfpolizisten Saul: Der Zwölfjährige sollte in einer Woche abgeholt und nach Theresienstadt verschleppt werden.
Da Saul sich aber gut mit der Familie Jacobsohn verstand, wollte er einen Vertreter schicken, der Otto mitnehmen sollte. Er selbst könnte es, seinen Worten zufolge, nicht „über das Herz bringen“, dem Kleinen etwas anzutun.
Hilka Jacobsohn probierte in den nächsten Tagen alles, um die Deportation zu verhindern. „Wir boten den Leuten sogar eines unserer Häuser, doch es hat nichts genützt, ich sollte weg“, erzählte Otto.
Als auch Ortsgruppenleiter Johannes Brinkmann sagte, nichts für den Jungen tun zu können, rief Hilka als letzte Hoffnung Dr. Folkard Willms, den Hausarzt der Familie, an. Er wusste Rat und verschrieb dem Jungen eine Salbe, die am ganzen Körper Hautreizungen, Quaddeln und Juckreiz verursachte – und stellte ihm ein Attest aus. Eine ansteckende Krankheit mache den Transport unmöglich. In Syke erhielten die Jacobsohns schließlich die erlösende Nachricht, dass Otto zu Hause bleiben dürfe. Er war gerettet und entging ein zweites Mal dem Tod. 

Arztfamilie Willms



Folkard Willms ließ sich um 1900 in Kirchweyhe nieder und baute sich 1910 eine eigene Praxis in der Bahnhofsstraße auf. Gegenüber befand sich die Apotheke. Er war der Begründer einer sogenannten Ärzte-Dynastie von drei Generationen. Seit 1936 unterstützte ihn sein Sohn Volkhard in der Praxis. 1969 trat dann sein Enkel – ebenfalls ein „Volkhard“ – in die Praxis ein. Der Senior verstarb mit 78 Jahren am 13. März 1947.

Transport der Juden nach Theresienstadt



1941 erklärten die Deutschen Theresienstadt zu einem Ghetto und richteten es für tschechische Juden her. Gemäß des Beschlusses auf der berüchtigten Wannseekonferenz vom 20. Januar 1942 sollte es Juden aus Deutschland und anderen Ländern aufnehmen. Schüler des Projektkurses „Spurensuche“ kamen bei ihren Recherchen in Theresienstadt u.a. zu folgenden Ergebnissen:
„Am 13. Juli 1942 erhielten die Landräte des Regierungsbezirks Hannover, unter ihnen auch die aus Diepholz und Syke, von der Gestapo-Leitstelle Hannover eine Namensliste mit Juden, die nach Hannover zur Sammelstelle Ahlem zu bringen waren.

Am 23. Juli 1942 wurden 779 ältere Menschen mit einem Sondertransport in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Unter ihnen waren Männer und Frauen aus der Grafschaft Hoya und Diepholz. Man versprach ihnen ein angenehmes Altersheim in Theresienstadt. Es erwartete sie aber ein völlig überfülltes Lager mit über 50 000 Häftlingen sowie Hunger, Krankheit und Tod. Keiner von ihnen überlebte das erste Jahr im Ghetto. Im September 1942 gingen 3941 Personen zugrunde. Wegen der hohen Sterblichkeitsrate nahm man noch im gleichen Monat das Krematorium mit vier Öfen in Betrieb.
Für die meisten stellte Theresienstadt aber nur eine Durchgangsstation zur Hölle dar. Bereits im Oktober 1942 fuhren die ersten Ladungen mit alten Menschen nach Auschwitz. Am 16.März 1943 und 1. Juli 1943 folgten zwei weitere Deportationszüge aus Hannover-Ahlem nach Theresienstadt, unter denen sich erneut Juden aus unserer Region befanden. Der letzte Transport aus Hannover am 20. Februar 1945 betraf arbeitsfähige jüdische Mischlinge ersten Grades. Der zwölfjährige Otto Polak stand bereits auf der Liste, wurde im letzten Moment jedoch transportunfähig geschrieben. Fritz Rosenbach aus Bassum gehörte zu den wenigen Überlebenden.“

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