Interview

Andreas Knitz ist einer der Künstler der grauen Busse. Zusammen mit Horst Hoheisel entwarf er das Denkmal im Jahr 2006 für einen von der Stadt Ravensburg und dem ZfP Weißenau ausgeschriebenen Wettbewerb. Da Herr Knitz im gleichen Ort wie wir wohnt, nutzten wir die einmalige Gelegenheit für ein Interview mit ihm.

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Bild 3.8 : Künstler Andreas Knitz
Es gibt viele Symbole für Euthanasie. Warum haben Sie gerade die grauen Busse ausgewählt? Was war Ihnen am Bus so wichtig?
Andreas Knitz:     Man muss sich im Klaren sein, dass die Menschen damals Sicherheit im Heim genossen, sie waren auf  diese angewiesen. Und plötzlich kommt da >ein Bus< und bringt einen weg; die Menschen wurden deportiert. Das Ganze, das Kommen und Gehen eines Busses, ist ein Gewaltakt, die so auf Hilfe angewiesenen Patienten der Heil- und Pflegeanstalten wurden von ihrem „Zuhause“ weggebracht.
Uns sollte interessieren, wer denn da so brutal vorgegangen ist und was eigentlich genau passiert ist. Wir müssen selbst hinter die Kulissen schauen. Schauen wir genauer hin, so erkennen wir sogar, dass die Täter teilweise aus unserer Nachbarschaft stammen, was uns nochmals verdeutlicht, dass sich das Ganze nicht irgendwo, sondern hier bei uns abgespielt hat.
Warum gerade ein Bus?! Also, nehmen wir an, ein Kind steht vor dem Mahnmal der grauen Busse. Das Erste, was das kleine Kind sagen wird, ist (ganz oberflächlich):  „Auto“. Dieses Auto (bzw. eben dieser Bus) ist kaputt, in der Mitte hat er einen Bruch. Da wundert sich bereits ein kleines Kind, es fragt sich, warum dieser Bus denn kaputt ist, sucht Antwort bei seinem Vater-will mehr darüber wissen.
So fängt Geschichte an zu leben, bereits Kinder werden mit dem Thema konfrontiert.
Ein Bus, das bedeutet Dynamik. Ein Bus kommt und geht, so auch unsere Erinnerung; diese kommt und geht, gleich wie ein Bus.

 Haben Sie sich als Künstler schon vor dem Entwerfen der grauen Busse mit dem Thema „Euthanasie“ beschäftigt?
A. K.:     Peripher habe ich das bereits. Ich beschäftige mich nun seit 15 Jahren mit Denkmalarbeiten, da ist mir der Begriff auch schon als „Fußnote der Geschichte“ begegnet. Richtig intensiv aber habe ich mich erst später damit auseinandergesetzt.
Auf die Idee mit den Bussen brachte mich, wie der Zufall es so wollte, meine Mutter. Als sie eines Tages bei mir anrief und sich erkundigte, mit welchem Werk ich mich derzeit beschäftige, erzählte ich von meiner Einladung und dem Auftrag des Mahnmalbaus. Sofort fielen meiner Mutter die grauen Busse, die sie selbst als kleines Kind gesehen und bis heute nicht vergessen hatte, ein. Sie berichtete mir von einem Mädchen in unserem Heimatort Berg, das eines Tages spurlos verschwunden war und vermutlich auch von einem dieser Busse abgeholt wurde. Meine Mutter hatte somit  mit diesen Sätzen das später von Herrn Hoheisel und mir entworfene Mahnmal konzipiert.      

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